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StartBiz & PeopleHole19: Die außergewöhnliche Golf-App

Hole19: Die außergewöhnliche Golf-App

Anthony Douglas ist Portugiese, Amerikaner und (fast) Österreicher. Mit Hole19 hat Douglas eine außergewöhnliche Golf-App entwickelt. Doch erst ein Last-Minute-Exit in Bonn bei Investor Frank Thelen rettete das Unternehmen.

SimplyGOLF: Wieso bist du nur fast Österreicher?
Anthony Douglas: Ich bin zwar in Österreich geboren und habe die ersten 17 Jahre in Österreich verbracht, aber rechtlich bin ich amerikanischer Portugiese. Aufgewachsen bin ich Kagran (Stadtteil von Wien, Anm.) und mit 12 Jahren hat meine Mutter meinen Bruder und mich zum Golfspielen mitgenommen, damit wir Zeit miteinander verbringen.

In welchem Club?
Das war in Schönfeld. Ich habe die Platzreife gemacht und nach sieben Monaten wieder aufgehört. Heute ärgert mich das extrem. Ich würde so viel besser Golf spielen. Aber wenn die Freunde nicht spielen, macht es ja keinen Spaß. Dann habe ich mich auf Basketball konzentriert.

Was war nach den 17 Jahren in Österreich?
Da bin ich nach London, um Business, Spanisch und Deutsch zu studieren …

… Deutsch?
Das war natürlich ironisch, aber ich konnte es ja gut. Das Coole an der Uni war, dass wir von den vier Jahren zwei als Arbeitspraktikum verbringen konnten. Und da mir das Arbeiten mehr Spaß gemacht hat, war ich happy, dass ich in diesem Rahmen bei BMW in München reinschnuppern konnte. Nach dem Studium bin ich zunächst zurück nach Wien und dann 2007 mit einem Graduate-Programm von Sony nach Schweden gegangen.

Jetzt kommt Golf wieder ins Spiel, nehme ich an?
In Schweden spielen acht Prozent der Menschen Golf, meine Freunde dort auch. Also habe ich wieder angefangen und mir eine Prostunde genommen. Da ist es mir dann eingeschossen: Es wäre doch cool, wenn ich meine Statistiken mit meinem Coach teilen könnte. Natürlich online. Der Pro war sofort begeistert. Da ich aber kein Programmierer bin, musste ich jemanden fragen, ob so etwas machbar sei. Der Typ, den ich gefragt hatte, meinte: Kein Problem, das kostet rund 300.000 Euro.

Ein schnelles Ende einer guten Idee?
Ja, und ich bin wieder zurück nach Wien. Ich habe bei meinen Eltern gewohnt und mir mit Poker spielen Geld verdient. Meiner Mutter war das nicht recht, und sie hat mich mittels portugiesischem Förderprogramm für Unter-30-Jährige nach Mexiko geschickt. Dort habe ich das erste Mal im Online-Business gearbeitet. Für eine Firma, die Klingeltöne und dergleichen verkauft hat. Da haben wir am Tag 100.000 Dollar für Google- und Facebook-Werbung ausgegeben. Danach wollte ich wieder zurück nach Wien. Das Programm hat aber nur den Flug nach Lissabonn gezahlt, weil ich ja Portugiese bin. Das Essen, der Strand, das alles hat mich überzeugt und daher lebe ich seit 2009 in Portugal.

Und noch immer kein Hole19 in Sicht?
Doch, per E-Mail. In der stand, dass in Amerika eine Golf-App knapp eine Million Dollar geraised hat. Ich war total geflashed, weil das genau jene Idee war, die ich drei Jahre davor schon hatte. Diese E-Mail habe ich aufgehoben und den Gedanken von damals wieder aufgenommen. Ich arbeitete damals in einer Agentur und hatte so die Möglichkeit, auf Programmierer zurückgreifen zu können. Gesagt getan: Ich habe einen Businessplan und hab diesen den Agenturbesitzern vorgelegt. Und damit war Hole19 geboren.

So hieß die App von Anfang an?
Nicht ganz. HoleXiX war der Name zu Beginn, und es hat eineinhalb Jahre gedauert, das aufzubauen. Und tatsächlich sind wir dann 2014 auf den Markt damit. Davor mussten die Plätze gemappt, also für die App kartographiert und mit den GPS-Daten versehen werden. Im Grunde war es zum Start eine leere App. Ich selbst habe Portugal, Schweden und ­Österreich gemappt.

Das klingt nach sehr viel Zeitaufwand: Wie lange dauert es, einen Platz zu mappen?
Damals bin ich pro Golfplatz rund sechs Stunden gesessen und habe via Google Maps alles kartographiert. Punkt für Punkt, vom Abschlag über den Bunker bis zum Green. Heute haben wir rund neun Milliarden GPS- Daten verarbeitet.

War dir nicht fad dabei?
Doch, natürlich. Das ist todlangweilig. Aber ich habe auf dem zweiten Screen viel gepokert. Und natürlich habe ich das nachts gemacht und tagsüber in der Agentur gearbeitet.

Hole19 in eindrucksvollen Zahlen: Neun Milliarden GPS-Daten und 3,2 Millionen User

Was war der erste große Erfolg für Hole19?
Das war tatsächlich der erste Platz bei einem Start-Up-Wettbewerb in der Konzeptionsphase. Ich hatte kein Produkt, nur eine Präsentation und die Idee. Wir haben tatsächlich gewonnen und dafür 25.000 Euro kassiert. Dabei gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht mal eine Firma. Wir haben dann sogar noch einen zweiten Wettbewerb gewonnen und damit Portugal bei einer europaweiten Start-Up-Competition in Amsterdam vertreten. Dort habe ich Christian Reber kennen gelernt, den Gründer von Wunderlist (die App wurde um 200 Millionen Euro von Microsoft gekauft, Anm.). Deren App hatte rund fünf Millionen Nutzer, und wir standen mit 1.500 Usern am Start. Reber wurde mit Wunderlist nur Zweiter und hat sich extrem geärgert. Heute ist er einer der Investoren bei Hole19

Neben einem der ganz Großen unter den Venture-Kapitalisten.
Das war zu einem echt prekären Zeitpunkt. Das Firmenkonto war fast leer und ich musste Gehälter zahlen. Es war eine klassische „Make or Break“-Situation. Ein Freund hat mich an einen Investor in Köln vermittelt, der Golfer ist. Dem hat die App wohl gefallen, aber der Business-Case war ihm zu klein. Da bin ich wirklich nervös geworden und habe meinen Freund gefragt, ob er nicht noch Investoren kennt. Er hat mir dann einen 15-Minuten-Termin bei Frank Thelen besorgt. Noch am selben Tag.

Dem Frank Thelen?
Ja. Der saß in Bonn, ich habe mir um 60 Euro ein Taxi genommen. Im Büro hat mir die Assistentin gesagt, Frank sei nicht da. Ich habe ihr das E-Mail gezeigt und gemeint: Ich bleibe sitzen. Irgendwann kam Thelen, und ich bekam meine Chance. Als ich den Computer starten wollte, hat er nur gemeint: Erzähl mir von dir und zeig mir die App. 15 Minuten später hatte Hole19 ein 150.000- Euro-Investment am Tisch. Von einem Nicht-Golfer. Wir haben Hole19 dann am 9. April 2014 gelauncht, mit damals 17.000 gemappten Golfplätzen.

Das klingt trotzdem beeindruckend …
Mag sein. Wir haben Hole19 aber weltweit gelauncht und sind dank des Teams rund um Frank Thelen in den App-Stores gefeatured worden. Als das in den USA losging, brach eine E-Mail-Flut über uns herein. 20.000 neue User pro Tag, die sich darüber beschwerten, dass ihr Platz nicht auf der App ist. Wir waren zu viert damals. Ohne CRM-System, nur mit einer E-Mail-Adresse.

Wie seid ihr aus der Nummer raus?
Wir haben Part-Time-Mapper eingestellt und unsere eigene Software entwickelt. Diese verkürzt den Prozess von sechs Stunden auf 20 Minuten.

Welchen Business-Plan habt ihr für Hole19 eigentlich ausgeheckt, mit einem Kapazunder wie Thelen im Hintergrund?
Den wollten wir aushecken, wenn wir eine Million User haben würden.

Wie lange hat das gedauert?
Weitere 800.000 Euro. Im Jahr 2016 haben wir die Million User geknackt. Bis dahin war die App kostenfrei, dann haben Apple und auch Google die ersten Abo-Modelle entwickelt und wir sind da mitgegangen. Damit haben wir im ersten Jahr nicht mehr als 10.000 Euro verdient. In der Folge haben wir ein Greenfee-Booking-System integriert und das große Geld gesehen. Das ging leider völlig daneben.

Hatte das Konsequenzen, was die Investoren betraf?
Plötzlich hat niemand mehr so richtig an dieses Business geglaubt, und ich habe kein Geld mehr bekommen. Ein paar haben auch geraten, Hole19 zu verkaufen. Ich habe mir auch den einen oder anderen Termin in diese Richtung ausgemacht, aber für die Investmentfonds waren wir viel zu klein. Dann gab es Gespräche mit GolfTV, die gerade am Start waren, einen Streaming-Dienst aufzubauen.

Den gab es auch bei uns.
Genau, und er ist auch schon wieder Geschichte. Aber ich durfte noch etwas ganz Spezielles dank GolfTV erleben: Ich wurde 2019 zum Masters in Augusta eingeladen, in dem Jahr, als Tiger diesen denkwürdigen Sieg feierte. GolfTV war aber nicht bereit, auf meine Forderungen einzugehen, und wir haben Hole19 nicht verkauft. GolfTV gibt es nicht mehr, Hole19 ist dafür richtig gut gewachsen, auch die Pandemie hat unserer App Zuwächse beschert.


Simply Good 2 know: Hole 19

Mit dieser App wird das Smartphone zum Entfernungsmesser. Sie misst genau die Entfernung zum Vorderrand, hinteren Rand und Mitte des Grüns und zeigt alle wesentlichen Hindernisse und anvisierten Ziele. Gleichzeitig ist Hole19 auch eine digitale Scorekarte. Aber das sind natürlich nicht alle Features, die diese App zu bieten hat, die insgesamt rund 43.000 Golfplätze erfasst.
Entsprechend dem Motte von Hole19, „Know more. Score less“, liefert die App auch eine ausgiebige Ergebnis-Statistik. Damit bekommt man auf Dauer eine tiefere Einsicht in der Entwicklung seines Spiels: Von der Präzision der Schläge bis hin zum Scrambeln erfasst Hole19 alle relevanten Daten.
Die App funktioniert auch auf der Apple Watch. So sind Abonnements für die Premium- Version einfach zu verwalten.


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