Dienstag, Nov 19, 2024
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Short Game Training mit Paul Dyer – Tipps für einen besseren Score

Schläge sparen rund ums Grün – und das möglichst schnell? Auf zu Paul Dyer! Er ist Short Game Experte, trainiert Anfänger und Ryder Cup Spieler und gehört zu den renommiertesten Golflehrern Europas. SimplyGOLF hat ihn in seiner Golfschule am Timmendorfer Strand besucht und wertvolle Tipps für ein effektives kurzes Spiel bekommen.

Wir sind an der Ostsee, in der wunderschöner Lübecker Bucht, wo einst Thomas Mann seine Sommer am Meer verbrachte. Doch uns treibt nicht die Sehnsucht nach dem Meer, sondern dringende Wedge-Probleme in das Urlaubsparadies Timmendorf nahe der Hansestadt Lübeck. Und so lassen wir nicht unsere Seele am feinen Sandstrand baumeln, sondern machen uns auf in die Golfschule von Paul Dyer im Strandgrün Golf & Spa Resort Timmendorfer Strand.

Chipping-Grün statt Abschlagmatte

Wir haben uns beim Trainer-Guru Dyer mit Wedge-Angelegenheiten und brennenden Fragen zum Short Game angekündigt. Dyer schnappt sich gleich eine große Tasche mit Bällen für das kurze Spiel und lotst mich fort von den wohligen Abschlagplätzen hin zu einem Chipping- und Pitchinggrün mit ungemütlich tiefem Gras ringsherum.

Paul Dyer gibt mir drei verschiedene Aufgaben. Ich soll aus drei unterschiedlichen Lagen um das Grün den Ball an eine Fahne spielen. Das gelingt mir vor allem aus tieferem Gras eher schlecht als recht und der Short Game Experte hat schnell genug von meinen brotlosen Künsten gesehen.

Die Löffel-Phobie

Meine Fehler analysiert er präzise, verständlich und anschaulich. Meine Hände sind beim Pitchen zu sehr vor dem Ball, dadurch nutze ich den Bounce des Schlägers nicht. Ich kann einen guten Chip and Run spielen, mit hohen Bällen ohne Roll aus Distanzen um 25 Meter, aus tiefem Gras und aus dem Bunker habe ich Probleme. Paul attestiert mir eine „Löffel-Phobie“ und mal wieder bestätigt sich mir, dass Golflehrer auch gute Psychologen abgeben.

Einer der besten Golflehrer der Welt ermutigt mich, aktiv beim Pitchen zu löffeln, was ich mir seit Jahren aktiv verbiete, und ich begreife, dass ich in dem Bereich des Spiels noch nicht alles begriffen hatte. Jetzt verstehe ich, und meine Versuche sind schnell erstaunlich gut. Ich bringe den Schlägerkopf mehr vor die Hände, gebe ihn frei und nutze den Bounce des Wedges. Das funktioniert nicht nur aus tieferem Gras, sondern auch aus dem Bunker.

Paul Dyer im Interview – Short Game Tipps

Nach dieser erfolgreichen Wedge-Lehrstunde verrät uns Paul Dyer im Interview noch mehr Tipps für das kurze Spiel.

SimplyGOLF: Short Game Training für Hobbygolfer – Worauf sollte man sich beim Putttraining fokussieren?

Paul Dyer: Viele Golfer beschäftigen sich mit der Schwungrichtung, doch das Problem ist eher die Längenkontrolle. Ich würde jedem Golfer sagen: Übe Putts aus 10 Metern. Denn das sind die Putts, die du hast. Du hast zwei Putts aus der Distanz und musst nicht den ersten lochen.

Würdest du einen Schläger oder drei Schläger zum Chippen empfehlen?

Ich habe 2008 ein Buch geschrieben, in dem ich sage, nutze unterschiedliche Schläger. Das ist nicht mehr richtig, weil die Schläger in der Loftneigung weniger und weniger geworden sind. Ein Pitching Wedge ist heute kein Pitching Wedge mehr. Außerdem wollen wir den Smash Faktor reduzieren. Deshalb ist es besser, mit einem 56 oder 58 Grad Wedge alles zu machen, so dass man eine sehr gute Kontrolle über die Fluglänge hat.

Welchen Fehler machen Amateure beim Chippen am häufigsten?

Es ist die Löffel-Phobie, die die meisten haben, was völlig unbegründet ist. Der Fehler ist, nicht den Loft und Bounce zu nutzen, und dann geht die Leading Edge in den Boden, man bekommt fette Schläge, man verlagert die Ballposition weiter nach rechts –  all diese Dinge entstehen. Golfer sind hier viel zu einseitig unterwegs. Viele können praktisch nur einen Chip und Run spielen. Wenn wir hier einen Pitch und Lob Kurs machen, ist der ausgebucht, weil niemand einen Lob spielen kann. Sie haben den Ball auf dem rechten Fuß und 50 Grad delofted und wundern sich, warum der hohe Schlag über den Bunker nicht klappt. Die Antwort ist technisch relativ einfach. Löffeln ist gut.

Mehr löffeln. Ist das auch der beste Weg, um sicher aus dem Bunker zu kommen?

Die Nutzung des Bounce ist wichtig, ja. Es liegt generell viel zu viel Fokus auf dem Eintreffwinkel und der richtigen Treffstelle im Sand. Und es gibt viel zu wenig Fokus auf Nutzung des Bounce und Tiefe des Divots. Man muss lernen, den Boden jedes Mal gleich zu bürsten, sei es im Sand oder sei es auf dem Rasen und den Bounce zu nutzen. Der Bounce des Wedges sorgt dafür, dass es diese Rutschfläche gibt und dann ist es nicht so wichtig, wo der Ball ist. Leider sind viele Golfer total beschäftigt damit, wo man trifft – tiefster Punkt und Eintreffwinkel- und viel zu wenig mit Bounce und Gleitfläche.

Thema Pitchen: Was hältst du von 9 Uhr 3 Uhr Schwüngen und dem System von Dave Pelz. Sollten Amateure verschiedene Schwunggrößen beherrschen?

Ich finde das super. Auch wenn wir wissen, gute Golfer nutzen das an sich nicht mehr. Sie verlassen dieses Gerüst, das man zunächst braucht, um Orientierung zu bekommen. Aber das ist ein bisschen wie Kunst. Man lernt erstmal Malen und Musizieren und nach einer Weile kann man Freestyle machen und dann ist man noch viel besser, weil die Einstufungen genauer sind.

Sollte man beispielsweise eher ein volles Wedge schlagen oder ein halbes Eisen 9?

Ich würde immer versuchen, bei einem Schläger zu bleiben, so weit, wie es geht und die Schwunglänge richtig auszudehnen. Solange, bis man sagt, okay, mit dem 56 Grad Wedge schlage ich einfach nicht weiter. Und dann gehe ich auf 52, aber erst dann, wenn das Thema wirklich ausgereizt ist. Ich habe so viel Erfahrung gesammelt über die letzten Jahre zum Thema Smash Faktor. Wenn wir den Smash Faktor beim Wedge niedrig halten, erhöht sich automatisch die Längenkontrolle. Und der Smash Faktor ist natürlich höher, wenn ich 52, 48 oder 46 Grad nehme. Das ist vielleicht unnötig.

Wenn man seinen Score im kurzen Spiel schnell verbessern möchte: Was ist der Plan? Wie gehe ich vor?

Wenn ich jemanden coache, machen wir einen Short Game Test oder wir nutzen die Statistiken, die der Spieler vielleicht schon auf dem Platz mit einer App oder Ähnlichem gesammelt hat. Dann kann man relativ schnell sehen, dass zwei Bereiche immer schlecht sind: Das sind zum einen Putts aus 10 Metern, und das ist etwas, wo man sofort starten kann, denn das ist relativ einfach. Man kann da schnell besser werden und man reduziert die Anzahl an Dreiputts. Damit sollte man beginnen. Und dann der Schlag – ich versuche die Worte Pitch und Chip bewusst nicht zu nutzen – aus ca. 20-25 Metern. Die beiden Bereiche sind meistens schlecht bei mittleren Handicappern. Da muss man starten. Wenn man pitchen kann, chippen, was auch immer, wenn man annähern kann aus 25 Metern und einen 10 Meter Putt tot an den Stock legt, dann ist man im kurzen Spiel gut unterwegs.

Ich habe eine Stunde Zeit auf der Driving Range – wieviel davon sollte ich für das kurze Spiel nehmen?

Das kommt darauf an. Wenn man einen Trainer hat, der einen im Golfspiel trainiert und nicht nur einen Schwungtrainer, legt man verschiedene Kompetenzen fest. Man beschäftigt sich in einer Stunde 40% der Zeit mit der Kompetenz, die man dringendsten verbessern möchte, 20% der Zeit mit der zweiten Kompetenz, die man verbessern möchte. In der restlichen Zeit hat man Zeit für Techniktraining und Pflege der verschiedenen Bereiche.

Mein Tipp ist, bloß nicht viele Bälle mit dem Eisen 7 zu hauen, weil der Standardgolfer auf dem Platz praktisch kein Eisen 7 braucht. Ich sehe viele Spieler, die nutzen es praktisch nicht auf der Runde, aber dennoch stehen sie auf der Range und schlagen es bis zum Gehtnichtmehr, um an der Technik zu feilen. Übe nicht mit den mittleren Eisen, denn du brauchst sie so selten auf dem Golfplatz. Nimm Driver und Wedge, denn das sind Schläger, die du andauernd brauchst. Das ist mein Tipp: Übe nicht mit deinem Eisen 7 Technik. Und was fällt dir ein, was du stattdessen machen könntest? Wahrscheinlich sind es Drives und Pitches und Putts.

Training rund um das Grün: Ballröhre oder ein Ball und ein Ziel?

Wenn es um Technik geht, um eine neu gelernte Fähigkeit, dann gerne mit mehreren Bällen die Fähigkeit erlernen, verbessern, üben. Und dann immer „Par 18“ spielen mit einem Ball. Chip und Putt an die Fahne, verschiedene Positionen, neun Mal, Par 18. 

Über Paul Dyer

Paul Dyer ist einer der bekanntesten Golftrainer Europas. Golf Digest wählte ihn 2020 in die Liste der Top 75 der besten Golflehrer international. Dyer hat mehrere Golfschulen aufgebaut, diverse Bücher und DVDs veröffentlicht und ist regelmäßig als Autor und Speaker tätig. Er lebt und arbeitet in Deutschlands Norden an der Ostseeküste, wo er mehrere Golfschulen betreibt. Neben dem Training in der Golfakademie bietet er auch Online-Unterricht an.

 

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