Freitag, Nov 22, 2024
StartTrainingFit & gesund„Golf ist schlicht und ergreifend gesund“

„Golf ist schlicht und ergreifend gesund“

Simply Golf: Golf gilt als ausgesprochen gesund. Mit welchen Belastungen muss ein Golfeinsteiger rechnen? 

Ernst B. Zwick: Da gibt es zwei wesentliche Aspekte. Ein Golfer legt auf einer 18-Loch-Runde etwa 10-12 Kilometer zurück. Diese Wegstrecke sind einige Leute nicht gewohnt, die wird oft unterschätzt. Wobei natürlich die Fortbewegung über vier Stunden ein zentraler Punkt ist, der das Golfspiel so gesund macht. Der zweite große Aspekt sind die Schläge: Das sind koordinativ sehr komplexe Bewegungen, die sehr explosiv ausgeführt werden. Wenn man sich die Anfänger auf den Matten vor Augen führt, die mit voller Gewalt auf den Ball eindreschen, dann wird einem das sofort klar. Aber richtig ausgeführt, verbrennt man während einer Runde in etwa 1.500 Kalorien in einem Pulsbereich von 80-130. Golf spielt sich grundsätzlich im Fettstoffwechsel ab und das ist für jeden Menschen sehr gut. 

Bei Sportarten wie Laufen und Radfahren gilt die Empfehlung: Vorher zum Arzt und durchchecken lassen. Empfehlen Sie das Golfern auch?

Im Gegensatz zu vielen anderen Ausdauersportarten kommt man im Golf nie in außergewöhnliche Belastungssituationen. Das ist anders als beim Radfahren oder Laufen, wo man schnell in Pulsfrequenzbereiche weit über 150 kommt. Das wird im Golf so gut wie nie passieren, es sei denn, man möchte einen extrem hügeligen Golfplatz im Laufschritt erklimmen. Aber: Wenn ich vorher noch nie vier Stunden wandern war, generell wenig Sport getrieben oder sogar schon eine Vorgeschichte in der Inneren Medizin habe, etwa im Herz-Kreislauf-Bereich, dann empfehle ich das auf jeden Fall. Nichts ist schlimmer als ein an und für sich gesunder Sport, in dem man sich einem Risiko aussetzt. 

Was für den Kreislauf gilt, gilt doch vermutlich auch für Gelenkserkrankungen …

Durchaus, wobei wir da beispielsweise zwischen Arthritis, also akuter Entzündung, und Arthrose, also chronischen Beschwerden, unterscheiden müssen. Mit Letzterem habe ich kein Problem. Eine Arthritis allerdings, die ist ein Ausschlusskriterium, ein NoGo. Da sollte man sehr vorsichtig sein. Generell sollte gelten: Spielen nur ohne Schmerzmittel. Es geht nicht darum, sich in falscher Sicherheit zu wiegen, sondern es geht darum, einen genussvollen Spaziergang zu machen, den Schmerz zu respektieren und das Material anzupassen. Hier kann man sehr viel tun: Mit den Pros und Golf-Fittern zusammenarbeiten. Indem man also kein Golfset von der Stange nimmt, sondern einen ganz weichen Schaft, ganze weiche Griffe usw …

Abgesehen von den Schlägern, in welchen Bereichen gibt es denn zusätzlich Hilfen gegen Beschwerden?

Da gibt es zum einen Funktionsbandagen, mit denen man sehr viel erreichen kann. Und für die Schuhtechnik gilt das ebenso. Das reicht dann von einem Schuh ohne Spikes über Einlagen, Umbauten des Golfschuhs bis hin zum orthopädischen Golfschuh. Im Endeffekt ist alles eine Materialfrage. So wie der Golfer Kleidung trägt, in der er sich gut bewegen kann und die ihn warmhält.

Nun werden bestimmte Sportarten gezielt empfohlen: Schwimmen bei Rückenbeschwerden zum Beispiel. Kann man Golf auch gezielt einsetzen?

Vielleicht sollten wir andersherum sagen: Mir fällt im Umkehrschluss kaum ein Leiden ein, mit dem man nicht etwas Positives für sich aus dem Golfsport ziehen kann. Zuvorderst, weil man im Grundlagen-Ausdauer-Bereich über relativ lange Zeitspannen unterwegs ist. Und das ist etwas, was man immer wieder betonen muss: Ich muss mich bewegen. Beim Golf geht man bergauf, bergab. Man muss den Ball aufheben, man schaut die Puttlinie an, man steht schief im Gelände, man schwingt. Das ist eine dreidimensionale Beanspruchung des Körpers und das ist schlicht und ergreifend gesund.

Wir halten fest, es lebe der Sport.

Dann, wenn es ein Sport ist, den der Sportler für seine Person versteht. Wenn jemand mit einer Kniegelenks-abnützung zu mir kommt, dann muss ich schauen: Wie steht er, braucht er einen speziellen Schuh usw. Dann wird alles auf ihn angepasst und wenn es dann keine Stolpersteine für ihn gibt, dann sage ich: Ja, es lebe der Golfsport. Betonen muss man dabei auf jeden Fall die Teamarbeit. Es soll niemand glauben, dass er alles auf Anhieb super beherrscht. Es ist wichtig, dass ein Physiotherapeut, ein Schuhmacher, ein Golf Pro und ein Fitter integriert werden.

Und dass das eben nicht nur für den Pro, sondern auch für den Gelegenheitsgolfer gilt?

Ja, genau. Ich würde sagen, es gilt umso mehr für die Einsteiger. Sie neigen zu folgender Denkweise: Für mich reicht eh der Schläger von der Stange, bei meinem 08/15-Golfschwung. Ich brauche also auch keine speziellen Bandagen. Und ich brauche niemanden, der mich durchcheckt, ich spiele ja eh nicht so gut. Genau dort liegt der Fehler. Ich glaube eher, dass genau diese Leute professionelle Informationen brauchen. 

Weil letztlich derjenige, der sich zuallerletzt um die Voraussetzungen kümmert, der Erste sein wird, der zu Beschwerden neigt?

Ja. Und dann verliert er die Freude und hat Schmerzen. Und wenn ich einen Sport ausübe, von dem ich weiß, dass ich danach Schmerzen habe, lasse ich es bleiben. Und deshalb: Gerade wenn ihr Anfänger seid und feststellt, dass ihr richtig Spaß habt am Golf und damit starten wollt, tut euch den Gefallen und startet richtig.

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