Vielleicht ist es Koketterie, vielleicht aber auch nur die Unbekümmertheit eines jungen steirischen Mannes, der sich selbst von den dümmsten Fragen nicht aushebeln lässt. Wer Matthias Schwab gegenüber sitzt, weiß nicht wirklich, woran er ist. Es ist dieses klassische „Alter-Kopf-auf-jungen-Schultern-Syndrom“. Die Antworten kommen mit Bedacht. Was nicht in die Themenwelt des Matthias Schwab gehört, bleibt höflich unbeantwortet. Etwa Fragen zur Politik. Fakt ist: Wenn Matthias Schwab bei den Lyoness Open Anfang Juni ins Profilager wechselt, betritt die seit Jahren am besten gehegte und gepflegte Nachwuchs-Golfhoffnung die große Weltbühne. Grund genug für eine 18-Loch-Fragenrunde mit der scheidenden Amateur-Nummer-1 Europas und Nummer 3 der Welt.
Du hast in einem früheren Interview einmal kokett erklärt, dass deine unvergleichliche Amateurkarriere nichts wert ist. Bleibst du dabei?
Matthias Schwab: Ja. Von dem was ich bisher geschafft habe, kann ich mir nix kaufen. Was in der Vergangenheit passiert ist, hilft mir für die Zukunft wenig.Ich habe keine Punkte für die Tour bekommen, kein Geld verdient und bin außer in der Amateurrangliste nirgends. Klar: Ich habe mich schon gut präsentiert, aber es ist nix Extremes, wo man durchdrehen muss. Man kann drauf aufbauen.
Vor den Lyoness Open gibt es noch die „Sponsionsfeier“ in den USA. Was hast du auf der Uni in Vanderbilt in Nashville studiert?
Management und Marketing. Ich bin demnach Bachelor of Arts & Science.
Amerika steht für No pain, no gain. Hartes Training, Disziplin. Gab es Momente, in denen du dein Leben verflucht hast, wenn um 6 Uhr morgens der Wecker geklingelt hat?
Der Wecker hat um 5 Uhr 30 geklingelt. Und ich habe es jedes Mal verflucht. Aber nach zwei Sekunden weiß ich, dass es für etwas gut ist. Frühes Aufstehen ist dann mühsam, wenn es nicht freiwillig ist. Aber das war vom Trainer so vorgeschrieben. Es gab einfach keine andere Zeit für Fitness als 8 Uhr am Abend oder 6 Uhr in der Früh.
Wie viel deiner Karriere waren bisher Intuition, wie viel Transpiration und wie viel Inspiration?
Die Begriffe musst du mir erst mal erklären. Scherz! Also: Da mir wenig Talent in die Wiege gelegt wurde, ist das Meiste Transpiration. Ich habe sehr hart für meinen Erfolge gearbeitet.Talent wird sowieso überbewertet.
Wie schaut so ein „normaler“ Schultag auf der Uni eigentlich aus?
Gemütlich ist es nicht, weil alles total geregelt ist. Wie gesagt: 5 Uhr 30 Wecker, 6 bis 7 Uhr Fitness, wobei ich immer selber noch ein bisserl angehängt habe für Übungen, die ich für meinen Rücken machen muss. Danach Duschen und Frühstück. Von 9 Uhr bis 12 oder 13 Uhr Uni. Dann gibt es einen Lunch to go während wir zum Golfplatz fahren. Dort haben die Coaches schon immer alles aufgebaut. Ab 13 Uhr 30 zwei Stunden gemeinsames Training. Danach trainiert jeder für sich und um 17 Uhr geht es retour auf den Uni-Campus. Dort gibt’s dann Abendessen und wenn du Glück hast und nichts lernen musst, ist Chillen angesagt. Oder eben Lernen.
Spaß klingt anders. Was hast du aus deiner Erfahrung für Tipps für Top-Nachwuchsgolfer, die es in die USA treibt?
Es gibt nur einen Tipp: Schau dich im Spiegel an und sei ehrlich zu dir: Bist du gut genug? Es bringt einfach nichts in die USA zu gehen, um auf einer mittelmäßigen Uni zu studieren. Dort sind die Coaches Mittelmaß, die Trainingsmöglichkeiten auch und für die Top-Turniere wird es auch nicht reichen. Also wirst du auch nicht weiterkommen.
Erfolg ist ohnedies nicht wirklich planbar. Nur bei dir hat man das Gefühl, es gibt keinen Moment, an dem du an dir zweifelst: Täuscht der Eindruck?
Selbstzweifel gibt es ständig. Aber da muss man sich einfach selber austricksen und gut zureden. Und es gibt Betreuer, mit denen ich Techniken entwickelt habe, wie ich mich aus solchen Phasen und Situation selbst befreien kann. Im weitesten Sinn.
Wenn du von Betreuern sprichst, klingt das nach einem bereits großen Team? Wie viele sind das?
Die Familie, die Golftrainer, Physio, Fitness. Vielleicht ein Psychologe. Das ist der Stand heute. Als Profi werden es dann noch ein bisserl mehr sein …
Ein gutes Stichwort: Für die meisten Golfer ist der Wechsel ins Profilager ein Sprung ins kalte Wasser. Das scheint bei dir nicht ganz so kalt zu sein: Kann man sich auf so etwas überhaupt vorbereiten?
Im Prinzip ist ja kein Schalter da zum Umlegen, denn ich spiele ja nur Golf. Und das mache ich schon, seit ich denken kann. Natürlich wird vieles neu sein. Aber ich bereite mich so gut wie möglich darauf vor.
Auch das ein gutes Stichwort: Selten startet ein Spieler derart geplant in seine Profilaufbahn. Selbst das Managment ist schon auf Spur. Bei dir standen die Großen Schlange. Wie kann man sich den Auswahlprozess vorstellen?
Im Prinzip ist es der gleiche Weg, den wir bei der Auswahl der Uni getroffen haben: Ein paar haben wir schon nach den Anfragen ausselektiert. Man redet mit Menschen, die das Business gut kennen und dann hört man sich an, was die verbliebenen vier, fünf Management-agenturen zu bieten haben. Und am Ende muss man sich ein bisschen auf das Bauchgefühl verlassen.
Ist Geld dabei ein wichtiger Motivator für dich?
Ich war in den letzten 15 Jahre ohne Geld voll motiviert und das will ich weiter so halten.
McIlroy, Woods und wie sie heißen mögen verdienen Millionen. Wie steht’s bei dir mit der Moral? Ist das so in Ordnung für dich? Das sind doch in Wahrheit ganz wenige, die sich dumm und dämlich verdienen. Alle anderen Spieler haben es nicht so einfach. Schau dir doch die Challenge Tour und die ganzen Third Level Tours an. Da spielen Zig-Tausende mit, die gerade mal so überleben können.
Gibt es für dich Karriereschritte, die du dir gesetzt hast oder wird es eher eine Art „Schauen wir mal, was die ersten Wochen als Pro bringen“?
Nein, so eine Juxpartie ist es nicht. Natürlich habe ich Ziele, aber sich zeitlich Grenzen zu setzen, ist nicht schlau. Vor allem weil man im Golf auch mal drei Jahre lang nix treffen kann und plötzlich geht der Knopf auf. Aber es gibt natürlich für die nächsten zwei, drei Jahre Rahmenziele.
Verrätst du uns eines davon?
Nein.
Ok. Anders gefragt: Hast du ein golferisches Traumziel, das du erreichen möchtest?
Das Träumen überlasse ich den anderen. Es gibt kein ultimatives Ziel. Tiger Woods hat auch alles erreicht und nicht aufgehört. Sobald man etwas erreicht hat, gibt es schon wieder neue Ziele.
Was gibt es neben Golf für dich?
Sehr wenig. Ich versuche, wenn ich zu Hause bin, Zeit mit meinen beiden Brüdern und meiner Schwester zu verbringen. Ein bischen FIFA-Spielen auf der Playstation, hin und wieder auf einen Drink gehen, Tennis, Fußball, Skifahren im Winter. Aber natürlich alles limitiert.
Du bist gerne zu Hause und ein sehr naturverbundener Mensch. Hast du so eine Art Kraftplatz in deiner Heimat Rohrmoos? Ja, ich gehe gerne wandern. Speziell im Obertal, wo fast keine Leute unterwegs sind. Da nehmen wir ab und zu den
Driver mit … Und da kann ich gut abschalten.
Worauf wird Matthias Schwab zu Silvester 2017 anstoßen?
Auf ein gutes neues Jahr …