Über das Golfspiel macht er sich nicht lustig auf der Bühne, aber sonst über so ziemlich alles, was (nicht nur) mittelalte Männer lieben. „50 Shades of Schmäh“ heißt das aktuelle Solo-Programm von Alex Kristan, selbst 50+ und, wie er sagt, auch privat mit einer gewissen Grundheiterkeit ausgestattet. Alter interessiere ihn nicht.
Überhaupt, sein Motto ist: „Vernünftig ist wie tot, nur vorher. Ich sehe das Alter wie das Wetter, es ist Zeitverschwendung, sich über etwas den Kopf zu zerbrechen, auf das man keinen Einfluss hat.“ Oder, wie der Berufsoptimist es auf der Bühne formuliert: „Das erste Lebensdrittel ist vorbei. Angeblich soll ja 50 das neue 30 sein. Oder gilt das nur fürs Ortsgebiet? Auch wenn 22 Uhr das neue Mitternacht wird, muss die neue Hautpflege noch lange nicht Voltaren statt Nivea heißen. Es zahlt sich immer noch aus, Haltbarmilch zu kaufen.“
Solche und ähnliche Wuchteln („Pointen“ für unsere deutschen Leser ;-)) liefert er bei seinen Auftritten zuhauf in seinem Soloprogramm mit den „wirklich wesentlichen Fragen im Leben eines Mannes im angeblich besten Alter“, wie es in der Programmbeschreibung heißt. „Ich bin nach einigen Abzweigungen vor rund 20 Jahren angekommen, wo mein Platz ist. Ich bin da, um Menschen zum Lachen zu bringen. So sie das möchten“, sagt er. Und wie sie das möchten – seine Auftritte sind über Monate hinweg ausverkauft, das Publikum liebt ihn und seine Art von Humor. Und haben keine Hemmungen, ihn auch schon mal im Supermarkt anzusprechen mit den legendären Worten eines seiner beliebtesten parodierten Promis, der österreichischen Fußballlegende Hans Krankl: „Was sull dus“?
Die meisten seiner prominenten „Opfer“ hat er auch schon persönlich kennengelernt, mit Andi Herzog oder Toni Polster hat sich sogar ein amikales Verhältnis entwickelt. Mimik, Gestik, Habitus, Stimme, Mundbewegung, all das zusammen macht eine gute Parodie aus, und das muss einfach sitzen. Voraussetzung sei aber die Bekanntheit der Person, sonst funktioniere das nicht. Dennoch, es ist eine einmalige Begabung, auch wenn der Künstler selbst bescheiden bleibt.
Die Anfänge von Alex Kristan
Seine Mutter ist erfolgreiche Unternehmerin und lebte es vor: Von Nix kommt nix. Kristan geht gerne die Extrameile. Er will anfangs unbedingt in der Autobranche Fuß fassen, bewirbt sich beim Fiat-Konzern als Brand Manager, wird abgelehnt. Zieht für einige Monate nach Italien, lernt die Sprache, studiert Marketing, bekommt schließlich den Job doch. Später wechselt er nach Frankfurt zu einer Medienagentur, sozusagen der erste Grundstein für seine berufliche Laufbahn. Denn im Auftrag dieser Agentur ist er rund zwei Jahre lang für österreichische Privatradios als Formel-1- Reporter unterwegs und lernt im Zuge seiner Arbeit bekannte Charaktere wie Heinz Prüller, Gerhard Berger oder Niki Lauda kennen. Ein Traumjob, wie er heute selbst sagt.
Das große Talent, Persönlichkeiten zu beobachten, zu studieren und perfekt zu imitieren, wird immer deutlicher. Wobei Kristan betont, dass er schon als Schüler sein Umfeld mit Pa- rodien zum Lachen brachte. Er absolviert mit knapp 30 eine einjährige Sprecherausbildung mit Fokus unter anderem auf Stimmbildung, Rhetorik und Körpersprache. Damit war die Basis für den Sprung in die Selbstständigkeit gelegt. Diese Selbstständigkeit ergab sich allerdings mehr oder weniger zwangsläufig. „Mein damaliger Arbeitgeber in Deutschland schlitterte 2001 in die Insolvenz, so stand ich von einem Tag auf den anderen ohne Job da“, sagt Alex Kristan.
Doch der Zustand der Arbeitslosigkeit habe bei allen Nachteilen auch den Vorteil gebracht, reflektieren zu können „und Zeit zu finden, um über die weitere Lebensplanung nachzudenken“. Und da beschloss er den Sprung ins kalte Wasser: Weg vom gewohnten Job, hin zum Risiko, sein Talent, Menschen zu unterhalten, zum Beruf zu machen. Ein Hobby, das er bereits seit Jahren nebenbei ohne Bezahlung bei überwiegend privaten Anlässen ausübte. „Wenn ich Geschichten erzählt habe, haben die Leute gelacht.“ Die Entscheidung gegen die Sicherheit eines Angestelltenverhältnisses sei nicht leicht gewesen, wie Alex Kristan betont. „Rückblickend war es aber völlig richtig, dem Impuls nachzugeben. Ich habe dadurch erst entdeckt, was meine eigentliche Berufung ist“, sagt der Comedian.
Comedian und Satiriker – einer der besten Österreichs
Einem breiten Publikum wird er zunächst durch seine Parodien berühmter Personen beim ORF-Radiosender Ö3 bekannt. Damals jobbt er dort als Freelancer. Wenn Alex Kristan als Niki Lauda On Air läuft, schmeissen sich die Zuhörer weg.
„Mein absoluter Favorit war halt der Niki. Weil er aufgrund seiner weltweiten Bekanntheit und seines Charismas sehr geeignet war für eine Parodie, aber vor allem, weil er einen so dermassen entspannten Zugang zu diesem „Auf die Schaufel nehmen“ gehabt hat. Das hat mich berührt. Wenn jemand wie er zu deiner Premiere kommt, und dir sagt, dass er noch nie so viel gelacht hat – das ist für mich sowas wie ein Ritterschlag.“
2004 nimmt er bei der ATV-Casting-Show „Österreich sucht den Comedy Star“ teil. Anfangs will er gar nicht mitmachen, hat eigentlich keine Lust dazu, docj schließlich gewinnt er die Show. Von da an geht es mit der Karriere weiter bergauf. Er lernt seine Managerin kennen, mit der heute, 20 Jahre später, auch noch zusammenarbeitet. Gemeinsam entwickelt man das Tool namens „Individual Comedy“ und füllt damit eine Marktlücke. Nach einem Briefing des Auftraggebers entstehen maßgeschneiderte Kurzprogramme für Firmenevents.
Höchst erfolgreich, bis die Finanzkrise 2008 einen Paradigmenwechsel in der Wirtschaft einläutet und Kristan vor neue Herausforderungen stellt. Ein Kabarett-Kollege setzt mit den wenig schmeichelnden Worten „jetzt mach endlich ein Soloprogramm, du feige Sau“ einen wesentlichen Impuls zur Veränderung vom Stimmenimitator zum Comedian. Gesagt getan. 2010 gibt er schließlich sein Bühnendebüt mit dem Programm „Ärztlich Willkommen“, damals noch zusammen mit einem Bühnenpartner, 2012 startet er mit „Jetlag für Anfänger“ als Solokünstler durch.
Er will seinen Job so gut wie möglich machen
Mein Publikum ist mir heilig“ Und dafür zeigt sich das Publikum bis heute dankbar. Vom meist hektischen Alltag einfach auch mal abzuschalten und herzhaft zu lachen, danach würden sich, so das Gefühl des Bühnenstars, gerade jetzt in dieser turbulenten Zeit viele Menschen sehnen. Und zur Frage wie sich Comedy mit aktuellen Themen wie „Cancel Culture“ oder „Political Correctness“ vereinbaren lässt, hat Kristan eine sehr klare Haltung: „Wenn die Satire politisch korrekt werden muss, dann würd ich mir einen anderen Job suchen. Ein kleiner Teil der Gesellschaft kultiviert immer öfter ein individuelles Recht aufs Beleidigtsein und wir müssen aufpassen, dass wir bei aller political correctness nicht irgendwann draufkommen, dass uns der Humor abhanden gekommen ist.“ Mit Politik habe er überhaupt nichts am Hut, betont lachend, dass er ja schließlich Spass an seiner Arbeit haben will. Im Gespräch zeigt er sich durchaus reflektiert und weiß, dass gerade in seiner Branche der Versuch, es allen recht zu machen, der erste Schritt zum Misserfolg ist.
„Natürlich teilen nicht alle uneingeschränkt meine Ansichten, aber Humor ist nunmal vielschichtig, und das ist gut so. Man muss auch die Kirche im Dorf lassen, ich verkaufe Spaß. Ich operiere nicht am offenen Herzen, ich rette keine Leben. Aber als öffentliche Person steht man nunmal an einer exponierten Position und wie heißt es so schön, wer sich zeigt wird gesehen. Also ich hab kein Thema damit, wenn jemand meinen Sinn für Humor nicht teilt. Das ist völlig legitim.“
Alex Kristan über das Landleben und privates Glück
Und dann gibt es da noch die private Seite von Alex Kristan, und die genießt der Komiker und Parodist bevorzugt mit seiner Familie. Gemeinsam lebt er mit Frau Iris und Tochter Mia unter einem Dach nahe bei Wien, in Maria Enzersdorf. Der 51-Jährige fühlt sich außerhalb der Großstadt deutlich wohler. „Es ist einfach weniger Hektik, ruhiger und ich brauche die Nähe eines Waldes. Ich liebe den Wald. Gerne ab und an mal ein Restaurantbesuch oder auch mal Einkaufen in der Stadt – aber als ständige Wohnsituation ist das für mich nicht vorstellbar“, so Kristan. Außerdem schätzt er den Kontakt mit seinen engsten Freunden und ausgiebige Wanderungen allein mit dem Familienhund, das erdet ihn. „Ich liebe es einfach, mal stundenlang nicht reden zu müssen und nur allein zu sein, da bekomme ich auch den Kopf wieder frei und tanke neue Energie.“
Talent versus Fleiß: Beim Golfen geht es ihm um Spaß
Am Golfplatz geht das ebenfalls gut – der „Berufslustige“ könnte sogar locker mit sich selbst einen Vierer-Flight bilden. Gefragt, mit wem er am liebsten eine Runde gehen würde, antwortet er schmunzelnd: „Hans Knauss, Andi Herzog, Toni Polster.“
2004 machte er die Platzreife, steht heute immer noch bei Hcp 31. „Ich war nie der Ritter des Handicaps. Ein Single-Handicap zu erreichen, hat mich nie interessiert. Ich hab schon das eine oder andere Turnier gespielt, wo 18 Löcher lang kaum gesprochen wurde, und man glauben hätte können, man spielt das Masters in Augusta oder beim Ryder Cup. Das taugt mir nicht gar so. Für mich steht der Spaß auch beim Golfen im Vordergrund. Ich sag immer: Lieber ein schlechter Tag am Golfplatz als ein guter im Büro.“ Viele Plätze gefallen ihm, so z. B. Schladming, Mariahof oder auch Murtal, aber sein absoluter Lieblingsplatz ist der seines Heimatclubs, auch wenn er nach seiner Aussage viel zu selten dort ist. Ein Zeitproblem, ist er doch als gefragter Künstler bei bis zu 110 Auftritten jährlich in ganz Österreich unterwegs.
„Mein Heimatclub ist der GC Adamstal. Es ist für mich persönlich der schönste Platz in Österreich. Was die Familie Wittmann dort in die Landschaft gebaut hat, ist einzigartig. Jedesmal, wenn ich dort bin, könnte ich weinen, so schön ist die Gegend dort. Jedes Loch ist unfassbar toll von der Architektur her. Aber der 18 Loch-Champion- ship Course ist sehr anspruchsvoll. Wenn ich dort spiele, bin ich so oft im Wald, dass ich schon weiß, welche Pflanzen man dort essen kann.“ Er sieht sich auch gerne neue Kurse an, er habe natürlich auch im Ausland gespielt, Mallorca, Italien oder Teneriffa. „Klar ist es beeindruckend, ein Green mit Blick aufs Meer anzuspielen.“ Aber seiner Meinung nach gäbe es für so ein kleines Land wie Österreich von der Dichte und Qualität her so viele schöne Plätze, dass man nicht zwingend wegfliegen muss, um großartige Golfplätze in beeindruckender Umgebung zu erleben, und outet sich damit als Österreich-Fan.
„Mit meinem Trauzeugen und gleichzeitig besten Freund, den ich kenne, seit ich 15 bin, spiel ich am liebsten eine Runde. Wir beide nehmen uns immer eine Woche im Jahr Männerurlaub ohne Family und fahren von einem Platz zum anderen, frönen der gepflegten Kulinarik und guten Weinen und haben ,leiwande‘ Gespräche und eine wertvolle Zeit miteinander.“
Gefragt nach seinen Stärken und Schwächen im Golf muss er kurz überlegen, selber könne er es nicht so gut beurteilen. „Aber wenn man den Pros Glauben schenkt, mit denen ich gespielt habe, dann sagen sie, dass ich eine gute Länge habe. Das kurze Spiel ums Grün ist dagegen sehr ausbaufähig.“
Nun, das kennen ja viele Golfer. Ein vielzitierter Satz lautet: Putt for the money, drive for the show. Für Showmensch Kristan trifft das ganz besonders zu. „Ich finde es geil, wenn es so richtig scheppert mit dem Driver und die Kugel 220 Meter rausfliegt. Oder auch ein schöner sauberer Treffer mit einem 6er-Eisen vom Fairway, das kann schon sehr viel, sofern der Drive nicht im Rough gelandet ist. Also, so einen kerzengeraden langen Drive tausche ich jederzeit gegen einen gelungenen Chip, der dann 5 cm neben der Fahne liegt. Mir taugt das lange Spiel viel mehr.“
Alex Kristan – ein cooler und lustiger Kerl, der ziemlich uneitel ist. Auch beim Golf. Auf Equipment legt er beispielsweise nicht viel Wert. „An der Ausrüstung liegts meistens nicht“ verrät er lachend. Und er hat ein Herz für die, die es nicht so gut haben im Leben. „Ich bin der Meinung, wenn man die Chance hat zu helfen, ist es auch eine Pflicht, das zu tun. So habe ich viele Jahre ehrenamtlich den Krebshilfe Charity Cup in Himberg moderiert, und hab im Zuge dessen extra für diesen Event ein halbstündiges Golfprogramm geschrieben.“
Humor hilft eben bei allem. „Schmähbruder“ Alex Kristan – mit 50+ am Scheitelpunkt im Leben, der sich zwischen gepflegt Aussehen und gepflegt Werden abspielt (Danke, Alex, für diese Pointe zum Schluss!) Seine prominenten Alter Egos werden ihn auch auf seiner weiteren Reise begleiten. O-Ton Alex Kristan: „Solange die Geburtstagstorte teurer ist als die Kerzen, ist man nicht alt.“