Mittwoch, Dez 11, 2024
StartSportDriving is for show, putting for dough? Oder: Was sind Strokes gained?

Driving is for show, putting for dough? Oder: Was sind Strokes gained?

Beinahe jeder Hobby-Golfer kennt den Spruch, und er kommt häufig zu Anwendung. Golf-Pro Michael Moser lässt das in seinem aktuellen Blog nicht einfach so stehen. Und holt sich dafür Unterstützung von Professor Mark Broadie.

Bei meinem letzten Blog-Beitrag ist, soweit können wir uns darauf einigen, eines klar geworden: Der Längenunterschied zwischen den Top-Longhitter und jenen, die sich im Mittelfeld dieser Statistik (Driving) wiederfinden, ist deutlich geringer, als man es erwarten hätten können.

Aber: Wenn es nicht die Länge ist, die die Spreu vom Weizen, den Champion vom Durchschnitts-Pro trennt, macht es Sinn diese Drive-Statistik bei Analysen überhaupt in Betracht zu ziehen, wenn doch alles am Grün entschieden wird? Und ist das tatsächlich so?

Vor wenigen Jahren hat eine sehr aussagekräftige Statistik Einzug ins große Golfgeschehen gehalten: Die von Professor Mark Broadie an der Columbia University entwickelte STROKES GAINED Methode. Vereinfacht erklärt, errechnet Professor Broadie einen statistischen Durchschnittswert, der besagt wie viele Schläge ein PGA-Tour-Spieler aus einer spezifischen Distanz benötigt.

Professor Mark Broadie hat doe STROKES GAINED Methode ertüftelt | Foto: golf.com

Dieser Wert kann nun mit der Performance eines jeden andern Spielers verglichen werden. Zum Beispiel benötigt der durchschnittliche Tour-Spieler aus einer Entfernung von 10 Fuß (rund 3 Meter) 1,625 Putts. Locht er jedoch diesen Putt mit dem ersten Versuch ein, ergibt die Strokes Gained  Methode (SG.) einen Wert von 0,626.

Mathematik für Golfer

So weit so klar, aber wie kann man diesen Wert beim Abschlag ins Spiel bringen?
Kann man nur mit einem guten Drive Schläge auf das restliche Feld gut machen? Ja! Statistisch betrachtet schon.

Hierbei muss man die Vergleichsergebnisse einzelner Löcher heranziehen. Auf einem PAR 4 mit 446 Yards benötigen die PGA-Tour-Spieler im Schnitt 4,1 Schläge. Der Drive zählt offensichtlich als Eins – es bleiben also 3,1 übrig.

Der nächste Vergleichswert ist der Annäherungsschlag. Um es einfach zu halten, nehmen wir an, der Drive war 256 Yards lang. Somit verbleiben 190 Yards als Rest. Dies ist genau die Distanz aus dem der Durchschnitt der Tour-Spieler 3,1 Schläge benötigt. In diesem Fall hat dieser Spieler vom Tee genau den Durchschnittswert getroffen und demnach mit seinem Drive 0,0 Schläge auf das Feld gutmachen können.

Der Schlag aufs Grün zählt wiederum Eins und es verbleiben zum Erreichen des Durchschnittswerts 2,1 als Rest.

Spielt er seinen Annäherungsschlag auf 14 Yards Entfernung an die Fahne, spiegelt er auch bei diesem Schlag das absolute Durchschnittsergebnis wider, denn aus dieser Distanz wird auf der Tour 2,1 mal geputtet. Heißt im Klartext – er hat auch bei seinem zweiten Schlag 0,0 Schläge auf das Feld gutmachen können.

Da es am Golfplatz in der Praxis recht schwierig ist, 2,1 mal zu putten, nehmen wir an, dieser Spieler macht einen 2-Putt, und spielt somit das Par. Richtig, in diesem Fall stünde bei ihm „Strokes Gained Total“  +0.100!

Eigentlich könnte man anhand dieses Beispiels zur Schlussfolgerung kommen, dass dieser Spieler seinen Vorteil auf das restliche Feld eindeutig durch seinen guten 2-Putt herausspielen konnte und nicht durch sein „Ball Striking“!

Und was sagt Professor Bradie dazu?

Wahrscheinlich würde er verschmitzt lächeln, den Rechner zur Hand nehmen, beim selben Beispiel auch den Wert der Drivelänge (256y) auf die PGA Durchschnittslänge (296y) erhöhen und uns Ungläubigen einen SG Wert von +0,2 präsentieren!
Der Unterschied auf diesen Löchern mag nur ein Zehntel Prozent sein, betrachtet man dies jedoch auf der Meterebene, sprich einer Saison mit Hunderten dieser Löcher, auf welche der beiden Möglichkeiten würden Sie zu Beginn der nächsten Saison Ihr Geld setzen?

Genau zu diesem Ergebnis kam Prof. Broadie bei seiner Studie, welche letztlich zur Strokes Gained Messmethode geführt hat. Er unterteilte das Spiel in vier Kategorien und quantifizierte sie nach deren  Wichtigkeit. Und siehe da: Das Putten ist gar nicht mal sooo wichtig, was sich anhand der broad’schen Formel erkennen lässt:

Eindeutiger kann es kaum sein. Über eine gesamte Saison betrachtet, ist das lange Spiel (Ball Striking) mit 70% deutlich wichtiger als das Kurze Spiel (30%)! Mit 37% ist der Tee-shot im direkten Vergleich nahezu doppelt so wichtig wie das Putten.

Warum ist unsere subjektive Wahrnehmung zu diesem Thema dann so anders? Zum einen weichen diese Werte ab sobald der Betrachtungszeitraum kurz genug wird (zB eine Turnierrunde). Zum andern sehen wir bei TV -Übertragungen hauptsächlich gelochte Putts in verschiedenen Einspielungen und Highlights.

Die großen Glaubensfragen, all die fix geglaubten Tatsachen wie: „Driving for show, putting for dough“ sind laut dieser Darstellung nicht nur falsch, sondern komplett zerstört!

Um eine erfolgreiche Saison spielen zu können, sollte man sich im Leistungssport definitiv vom geozentrischen Weltbild entfernen und sich besser an diesem Faktum orientieren!

Letztlich heißt die Formel: Derjenige, der nach dem Abschlag näher am Loch ist, benötigt darauffolgend einen kürzeren Schläger, den er, was nicht überrascht, näher an die Fahne bringt als einen langen Schläger. Und je näher am Loch – desto weniger Putts! Punkt.

Was heißt das für die meisten Hobbygolfer, die sich mit diesseits der 200 Meter-Marke „Driving Distance“ zufrieden geben müssen? Wie kann Ihr eigenes Golfspiel von diesen Systemen profitieren?

Michael Moser

Stay tuned: Mit diesem Thema werde ich mich im kommenden Beitrag befassen.


ZUM AUTOR: Michael Moser | geb 1980 in Graz

10 Jahre Nationalteam
Mehrfacher österr. Meister und Staatsmeister
2005 Playing Professional | 2005-2010 Pro Team Austria
2014 Fully Qualified PGA Professional
2017 staatl. Trainer für Fitness u Athletik
stationiert am GC Klockerhof (Hart bei Graz)

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