Gimply Golf: Was bedeutet Ihnen Heimat? In den 1980er- und 1990er-Jahren war immer vom Anhausener Bernhard Langer die Rede. Ist zwar eine klassische Sportnachrichtenfloskel, aber was bedeutet Ihnen Heimat heute?
Bernhard Langer: Meine Heimat ist dort, wo ich geboren wurde und wo ich aufgewachsen bin. Aber natürlich habe ich jetzt eine zweite Heimat in Florida gefunden, wo ich mit meiner Familie lebe. Aber Anhausen wird immer meine Heimat bleiben.
Immer auf Achse ist das klassische Berufsbild eines Top-Golfers: Ist da nach so vielen Jahren on the road wirklich kein Funken Lust auf Ruhe? Auf Familie? Auf etwas anderes als Golf? Oder anders gefragt: Sind Sie ein Getriebener?
Nein, ich nehme inzwischen viele Pausen. Am Ende des Jahres sogar bis zu zwei Monate, um ausreichend Zeit mit der -Familie zu haben, und natürlich ein wenig Ruhe. Das funktioniert gut, weil wir nur 26 Turniere auf der Champions Tour haben, von denen ich im Schnitt 21 spiele.
Mit schlauen Ratschlägen ist man schnell bei der Hand, keine Frage. Gibt es substantielle Tipps von Ihrer Seite, was das Berufsbild eines erfolgreichen Golfers oder, greifen wir weiter, eines erfolgreichen Menschen ausmacht?
Es gibt gewisse Grundvoraussetzungen, die jeder erfolgreiche Mensch braucht. Eine davon ist Fleiß, eine weitere Dedication, also die Hingabe. Man muss sich auf Dinge konzentrieren und fokussieren können. Und man muss auf einige Dinge verzichten, damit man Erfolg haben kann.
Sie sind nun über fünf Jahrzehnte außergewöhnlich erfolgreich: Was, außer der professionelleren Vermarktung des Golfsports, hat sich am auffälligsten verändert?
Es hat sich viel verändert. Natürlich zum einen das Preisgeld, zum anderen die Popularität des Golfsports weltweit. Vor allem in Asien. Das gesamte Material, die Schläger und die Bälle. Es hat sich vieles zum Positiven entwickelt.
Sie haben über all die Jahre auch miterlebt, wie sich die European und die PGA Tour entwickelt haben: Erlauben Sie uns eine etwas provokante Frage: Was müsste, Ihrer Meinung nach, die European Tour machen, um nicht unter die Räder zu kommen?
Die European Tour muss Wege finden, die Top-Spieler zu halten und vielleicht sogar den einen oder anderen US-Spieler nach Europa zu locken. Keine einfache Aufgabe, weil die Preisgelder in den USA deutlich höher sind, das Wetter meist besser und auch die Qualität der Golfplätze in den USA fantastisch ist. Es wird nicht einfach werden für die European Tour, aber der Weg stimmt.
Ähnlich schlecht ergeht es der Damentour in Europa im Vergleich zur LPGA Tour: Sind das Dinge, worüber sich ein Bernhard Langer ab und zu Gedanken macht?
Keine Frage. Ich bin im Golfgeschäft und mache mir natürlich auch darüber Gedanken. Aber es ist logisch, dass wie auch bei den anderen Touren in den USA das Interesse größer ist und damit auch die Preisgelder. Daher gibt es in den USA die besten Turniere und da tun sich andere Erdteile schwer mitzuhalten.
Sind die Summen, die man etwa bei den FedEx-Cup-Finals verdient, oder die Sponsorenverträge in zigfacher -Millionenhöhe moralisch vertretbar?
Es geht hier nicht um Moral, sondern darum, was der Markt bezahlt. Und das sieht man auch bei anderen Sportarten, oder grundsätzlich bei Stars, aus welcher Branche auch immer. Wenn der Markt das verträgt, kann man das eben verdienen.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie hören, dass ein Fußballer um 200 Millionen Euro den Verein wechselt?
Das ist natürlich noch eine Spur extremer. Und natürlich ist es schwierig zu verstehen, dass da 200 Millionen für einen Fußballer ausgegeben werden. Aber es lohnt sich wohl für Vereine, so viel Geld aus-zugeben. Sonst würden sie es nicht tun.
Mythos Augusta. Als Träger des Green Jacket darf man ja auch dort spielen, wenn kein Turnier ist. Haben Sie das in Anspruch genommen? Wenn ja, wie kann man sich das Clubleben dort so vorstellen?
Ich war zwei Mal außerhalb der Masters-Woche in Augusta und habe dort ein Wochenende mit einem Mitglied und zwei Gästen verbracht. Das hat auch richtig Spaß gemacht. Wir haben in einer der Cabins im Clubhaus übernachtet. Man isst dort sehr gut, der Weinkeller ist top und es ist für Golfer, denk’ ich mal, das maximale Erlebnis, so ein Wochenende mit Caddy, Golf und all dem Drumherum.
Haben Sie noch Erinnerungen an Ihren ersten Masters-Auftritt 1982? Was hat Sie damals am meisten beeindruckt?
Das waren sicherlich die Grüns. Ich habe solche Grüns zuvor noch nie gesehen oder geputtet. Das war etwas ganz Besonderes. So ondulierte und schnelle Grüns gab es damals nirgendwo. Inzwischen haben das natürlich einige Plätze nachzubauen versucht.
Als Veranschaulichung für den durchschnittlichen Clubgolfer: Was sind die größten Unterschiede zwischen Augusta National und einem Durchschnittsplatz in Europa?
Das ist eigentlich nicht zu erklären. In Augusta sitzt jeder Grashalm perfekt, es gibt kein Unkraut, die Fairways und Grüns sind nahezu perfekt. Der Platz ist gepflegt wie kein anderer. Es wird natürlich entsprechend Geld dafür ausgegeben. Das kann sich ein Durchschnittsplatz in Europa im Normalfall nicht -leisten. Es ist wie Tag und Nacht.
Sie kennen jeden Grashalm in Augusta und sind auch immer wieder beim Masters vorne mit dabei. Glauben Sie, dass Sie das Turnier noch einmal gewinnen können?
Klar kenne ich den Platz extrem gut. Ob ich noch gewinnen kann? Das ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Der Platz ist mittlerweile sehr lang. Und dort, wo ich ein Eisen 4 ins Grün eines Par 4 schlage, spielen die jungen Spieler ein -Eisen 7 oder 8. Die Par 5-Holes erreichen die Jungen locker mit zwei Schlägen. Mir gelingt das bei ein bis zwei der Par-5-
Bahnen. Entsprechend schwieriger ist es für mich, die Bälle auf den Grüns zum Halten zu bringen. Aber ein paar Jahre werde ich es noch probieren. Wer weiß …
Augusta National ist ein spezieller Club – gerade im Umgang mit Frauen. Vor zehn Jahren gab es noch keine weiblichen Mitglieder. Jetzt sind es auch nur eine Handvoll Damen. Ist das noch zeitgemäß?
Das weiß ich auch nicht. Das müssen die Mitglieder von Augusta National selber entscheiden. Das steht mir nicht zu, darüber zu urteilen, ob das zeitgemäß ist, gerademal eine Handvoll Damen spielen zu lassen.
Wenn Sie in Augusta aufteen, nehmen Sie zum als Masters-Sieger auch stets am Champions Diner teil, zwei Mal haben Sie es selbst ausgerichtet sozusagen: Welches der vergangenen Champions Diner war kulinarisch das für Sie außergewöhnlichste?
Meiner Meinung nach waren sie alle außergewöhnlich. Nur als Tiger Woods nach seinem ersten Sieg im Jahr darauf Hamburger servieren ließ, war das eher enttäuschend.
Gibt es eigentlich noch unerzählte Anekdoten aus Augusta. Hätten Sie da eine für uns?Vielleicht ist es diese: Bei einem der Champions Dinner hatte der Präsident des Augusta National gefragt, ob wir irgendwelche Anregungen hätten. Und Arnold Palmer stand auf und meinte, dass die Art, wie die Fairways gemäht werden, nicht fair wäre. Weil die linke Hälfte des Fairways gegen die Spielrichtung gemäht wird, die rechte in Spielrichtung. Wenn der Ball auf der richtigen Seite landet, rollt er noch 40 bis 50 Meter, und wenn er links landet, bleibt er liegen. Ein paar Tage später haben sie dann in Augusta die gesamte Fairwaybreite gegen die Spielrichtung gemäht. Und das ist seitdem immer so.