SimplyGOLF: Fangen wir gleich beim Low-Budget-Thema an: Welchen Sinn machen Kleingeräte als golferische „Hometrainer?
Oliver Tree: Man muss sich als erstes immer fragen: Was will ich damit machen? Grundsätzlich macht es Sinn, und wenn das Ding nur dazu dient, dass man seine Golfmuskulatur bewegt. Diese braucht man nämlich nur selten abseits des Golfschwunges. Egal was, es ist auch eine tolle Alternative sich zu bewegen. Vor allem in Zeiten des Lockdowns, wenn außer Spaziergehen alles verboten ist.
SG: Das beantwortet die Frage nur teilweise. Deshalb nochmals: Lowbudget – ja oder nein?
Oliver Tree. Man muss in diesem Kontext immer eines im Auge behalten: Was bekomme ich für mein Geld. Je günstiger das Gerät wird, umso mehr Features verliert man und auch die Genauigkeit der Messdaten lässt. Und ganz ehrlich: Man kann nicht erwarten, dass man für ein Gerät, das fünf-sechshundert Euro kostet, die gleichen Daten erhält wie für etwas um 20.000 Euro.
SG: Das heißt, wer wirklich trainieren will, muss etwas tiefer in die Tasche greifen?
Oliver Tree: Jein. Du kannst dich zwar nicht mit einem Rapsodo* oder Mevo* hinstellen und nach dem Winter sagen: Ich hau mein 7er-Eisen 156 Meter, weil das die Messdaten erzählen. Aber in Summe werden die Relationen der Messdaten stimmen, und zum Beispiel das 6er-Eisen wird 10 Meter weiterfliegen. Einem zukünftigen Tour-Spieler kann man aber so etwas natürlich nicht empfehlen.
SG: Das klingt jetzt aber grundsätzlich ganz ordentlich, wenn man sich die Preisdifferenz anschaut?
Oliver Tree: Klar, und wenn es einem nur um ein wenig golfspezifische Bewegung samt ein paar Basisdaten geht, sind diese Geräte in Ordnung. Natürlich muss man Richtung „günstig“ immer mehr Abstriche machen, aber bei der Bandbreite von 600 bis 20.000 Euro bestimmt nicht proportional zum Preis. Was bei den günstigen Teilen auffällt: Sie bekommen allesamt Probleme, wenn es schneller wird. Also im Klartext: Wenn ein Driver ins Spiel kommt, kommen diese günstige Teile recht rasch an ihre Grenzen.
SG: Was kann in dem Kontext noch passieren?
Oliver Tree: Grundsätzlich sind Radargeräte Indoor eine Spur problematischer als Systeme, die mit Kameras funktionieren. Der Grund: Radargeräte brauchen ein bisschen mehr Zeit, also Ballflug, um die Daten zu errechnen. Wenn man aufgrund von Platzmangel nicht entsprechend Abstand zur Leinwand hat, werden teils seltsame Daten ausgespuckt.
„Im privaten Bereich investieren unsere Kunden im Schnitt zwischen 12.000 und 23.000 Euro für einen Simulator. Meist nicht gleich vom Start weg. Oft wird das bestehende Setup über die Jahre sukzessive ausgebaut und verbessert. Wir raten unseren Kunden dazu, eher in die Technologie zu investieren als in den Look.“
James MacCaig, Foresight Sports europe
SG: Also: Was für ein System ist für wen geeignet?
Oliver Tree: Trackman und der GC Quad sind eher für Top-Golfer und werden dafür verwendet, herauszufinden, ob man etwa in Crans Montana wegen der Seehöhe das 7er-Eisen um x Meter weiter schlägt. Wenngleich beide Systeme auch Indoor sehr gut funktionieren. Klarer Sieger, allein schon wegen des Preisvorteils ist der GC Quad, weil Trackman ein Softwarepaket oben draufpackt, dass jährlich über 1.000 Euro kostet. Der GC Quad dagegen rennt gebührenfrei.
SG: Was darf sich der Golfer, die Golferin von so einem Simulator erwarten?
Oliver Tree: Die klassischen Golf-Simulatoren, und das verrät der Name, simulieren Golf nur. Du wirst auch auf einem Ski-Simulator unverletzt die Streif bewältigen, in echt schaut das ein wenig anders aus. Auch wenn du Marcel Hirschers Zeit am Simulator toppst, bist du noch nicht reif für den Weltcup.
SG: Da gab es ja einen wunderbaren Social-Media-Post von Bernd Wiesberger dazu…
Oliver Tree: Der hat im Grunde genau das gesagt: Auf seinem ISS-Simulator zu Hause in Bad Tatzmannsdorf hat er in Valderrama eine 64er-Runde gespielt, die ihm in real nicht mal ansatzweise gelungen ist. Wiesbergers Fazit: Valderrama ist in Wirklichkeit gar nicht so einfach.
SG: Ist das jetzt eine Absage an die weite Welt der Simulatoren?
Oliver Tree: Ganz im Gegenteil. Die Geräte haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt und man kann schon richtig viel herauslesen aus den Daten. Aber das sollte bitte ein Fachmann machen, im Idealfall ein Pro mit Vorkenntnissen der jeweiligen Geräte. Es ist eine grandiose Sache mit Freunden ein Runde in Augusta zu spielen, ein wenig an der Technik zu feilen, aber sein golferisches Vermögen darauf aufzubauen, ist nicht der klügste Ansatz…
Top-Adressen in Sachen Simulator
trackmangolf.com
indoor-sport-systems.com Das Modell aus Österreich: ISS steht für Indoor Sports Systems, und dieser spezielle Simulator wurde vom Salzburger Messtechniker und Tüftler Hermann Egger konzipiert, mit jeder Menge Herzblut. Selbst der als optische Behübschung affichierte Vorhang an den beiden Boxenseiten wurde eigens für den ISS Simulator entworfen, schleift nicht am Boden und wirft symmetrische Kurven. Kabine, Leinwand, Spezialboden, Abschlagmatte, Kamera- und Soundsystem sowie die gesamte Software sind von ISS entwickelt und perfekt aufeinander abgestimmt. Daher gibt es de facto für jeden Raum eine maßgeschneiderte Lösung. Der Firmensitz und die Produktion sind vor wenigen Jahren von Salzburg nach Leobersdorf bei Wien übersiedelt. Rund 150 Golfplätze, aufgeteilt auf 14 Sets zu jeweils 10 bis 12 Plätzen, können ebenso erworben werden, ebenso das Erweiterungspaket namens GOLFISIMO, mit Spielen wie Target Golf, Easy Golf, Brücken, Fässer, Darts, Grand Slam, Schießstand, Schiffbrüchige oder Biathlon.