Trotz komfortablen Vorsprungs sah sich Team Europa am Finaltag des 45. Ryder Cups einem dramatischen Umschwung gegenüber – bis Shane Lowry in der „schwersten Minute seines Lebens“ die Nerven behielt. Inmitten der aufgeladenen Atmosphäre des Bethpage State Park auf Long Island verhinderten Europas Spitzengolfer mit Mühe ein historisches Comeback der US-Auswahl und verteidigten ihren Titel. Der entscheidende, 14. Punkt ging im achten Einzelmatch an den Iren Lowry – ein Moment von seltener Intensität.
Lowry sichert das notwendige Remis
Um exakt 17:15 Uhr Ortszeit am Sonntag lochte Lowry einen kurzen, aber alles entscheidenden Putt zum Unentschieden gegen Russell Henley. Der Jubel im europäischen Team stand im Kontrast zu den enttäuschten Mienen der über 50.000 vorwiegend amerikanischen Fans. „Das waren die schwersten Minuten meines Lebens“, gestand ein sichtlich bewegter Lowry unter Tränen. „Ich kann kaum glauben, dass der Ball gefallen ist. Der Ryder Cup bedeutet mir alles – ein Traum ist wahr geworden.“

Mit insgesamt 28 Punkten im Wettbewerb reichte das Remis laut Reglement aus, um als Titelverteidiger den Cup zu behalten. Tyrrell Hatton fügte dem europäischen Konto durch ein geteiltes Match gegen Collin Morikawa noch einen halben Punkt hinzu. Der Endstand von 15:13 markierte nicht nur Europas elften Sieg in den letzten 15 Ryder Cup Aufeinandertreffen, sondern auch den ersten Ryder-Cup-Erfolg auf US-amerikanischem Boden seit dem legendären „Wunder von Medinah“ im Jahr 2012.
Europa verspielt beinahe Riesenvorsprung
Mit einem beruhigenden 11,5:4,5-Vorsprung war Europa in den Sonntag gestartet. Der gesundheitlich angeschlagene Schwede Viktor Hovland konnte sein Match nicht antreten – gemäß Regelwerk wurde es mit 0,5:0,5 gewertet.
Trotz teils feindseliger Kulisse in den USA demonstrierten Europas Top-Golfer mentale Stärke. Doch die Amerikaner warfen alles in die Waagschale. In den verbleibenden elf Matches konnte Europa lediglich einen vollen Punkt erringen – durch den jungen Schweden Ludvig Åberg. Der Rückstand der USA von 5:12 war der größte vor einem Finaltag seit 1979. Noch nie zuvor war ein Defizit von mehr als vier Punkten am Sonntag aufgeholt worden – und auch diesmal sollte es nicht gelingen.
Scheffler bezwingt McIlroy
In einer erneut aufgeheizten Atmosphäre versuchten die Gastgeber, das erträumte „Bethpage Miracle“ Wirklichkeit werden zu lassen. Cameron Young verkürzte gegen den 45-jährigen Routinier Justin Rose, ältester Spieler beider Teams, auf 6:12. Justin Thomas legte zum 7:12 nach, ehe Scottie Scheffler – die Nummer eins der Welt – in einem hochklassigen Duell den amtierenden Masters-Champion Rory McIlroy bezwang.
Sepp Straka, der als zweiter Österreicher überhaupt am Ryder Cup teilnahm, unterlag zwar J.J. Spaun mit 2 und 1, doch seine Teamkollegen hielten dem Druck stand.

Ein Schlüsselmoment folgte durch Åberg, der Patrick Cantlay bezwang und Europa einen immens wichtigen Punkt sicherte.
Mit diesem Erfolg erhöht Europa seinen Zwischenstand in der modernen Ryder-Cup-Geschichte auf 13 Siege, bei neun US-Erfolgen und einem Remis seit der Einführung des kontinentalen Formats 1979. Die Vereinigten Staaten behalten zwar in der Gesamtbilanz seit 1927 die Führung, doch der Trend der vergangenen Jahrzehnte zeigt klar in eine andere Richtung: Der alte Kontinent hat den Teamwettbewerb zu einer seiner Domänen gemacht.
Alle Matches des Ryder Cup 2025 im Überblick
Gesamtergebnis:
USA – Europa: 13:15
Einzel am Sonntag:
Sam Burns – Robert MacIntyre: remis (13:15)
Collin Morikawa – Tyrrell Hatton: remis (12,5:14,5)
Ben Griffin – Rasmus Højgaard: 1 auf (12:14)
Russell Henley – Shane Lowry: remis (11:14)
J.J. Spaun – Sepp Straka: 2 und 1 (10,5:13,5)
Patrick Cantlay – Ludvig Åberg: 2 und 1 (9,5:13,5)
Scottie Scheffler – Rory McIlroy: 1 auf (9,5:12,5)
Bryson DeChambeau – Matt Fitzpatrick: remis (8,5:12,5)
Xander Schauffele – Jon Rahm: 4 und 3 (8:12)
Justin Thomas – Tommy Fleetwood: 1 auf (7:12)
Cameron Young – Justin Rose: 1 auf (6:12)
Harris English – Viktor Hovland: w.o. (5:12)**
Fourballs am Samstag:
Burns / Cantlay – Hatton / Fitzpatrick: 1 auf (4,5:11,5)
Schauffele / Spaun – Straka / Rahm: 1 auf (4,5:10,5)
Thomas / Young – McIlroy / Lowry: 2 auf (3,5:10,5)
Scheffler / DeChambeau – Fleetwood / Rose: 3 und 2 (3,5:9,5)
Foursomes am Samstag:
Scheffler / Henley – MacIntyre / Hovland: 1 auf (3,5:8,5)
Schauffele / Cantlay – Rahm / Hatton: 3 und 2 (3,5:7,5)
English / Morikawa – McIlroy / Fleetwood: 3 und 2 (3,5:6,5)
DeChambeau / Young – Åberg / Fitzpatrick: 4 und 2 (3,5:5,5)
Fourballs am Freitag:
Burns / Cantlay – McIlroy / Lowry: remis (2,5:5,5)
Griffin / DeChambeau – Fleetwood / Rose: 1 auf (2:5)
Scheffler / Spaun – Straka / Rahm: 3 und 2 (2:4)
Thomas / Young – Åberg / Højgaard: 6 und 5 (2:3)
Foursomes am Freitag:
Schauffele / Cantlay – MacIntyre / Hovland: 2 auf (1:3)
English / Morikawa – McIlroy / Fleetwood: 5 und 4 (0:3)
Scheffler / Henley – Åberg / Fitzpatrick: 5 und 3 (0:2)
DeChambeau / Thomas – Rahm / Hatton: 4 und 3 (0:1)
Anmerkung:
Viktor Hovland konnte aufgrund einer Nackenverletzung nicht antreten. Gemäß Reglement wurde das Duell als geteiltes Match gewertet.

Adare Manor 2027: 100 Jahre Ryder Cup
Der Blick richtet sich nun bereits auf 2027, wenn der Ryder Cup in Irland Station macht – genauer: im prachtvollen Adare Manor in County Limerick. Dort erwartet Spieler und Zuschauer ein Meisterwerk aus Parkland-Architektur, Luxus und irischer Gastfreundschaft. Der von Tom Fazio überarbeitete Platz verspricht dramatische Schlusslöcher, schnelle Grüns und ein Setup, das taktisches Geschick ebenso belohnt wie mentale Stärke. Es ist ein würdiger Schauplatz für den nächsten Akt eines Wettbewerbs, der mehr ist als ein Golfturnier – ein emotionales Spektakel, das in seiner Intensität seinesgleichen sucht.