Mittwoch, Okt. 8, 2025
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Trend Hickory Golf – Vintage Golf mit Stil und Geschichte

Wer Hickory Golf spielt, erlebt das Spiel, wie es einst war: pur, ehrlich, handwerklich. Immer mehr Anhänger pflegen diese tradtionelle Kunst des Spiels mit 100 Jahre alten Schlägern. Ein Erlebnis für alle, die mehr suchen als Distanz und Score.

Wenn auf dem Fairway Tweedhosen rascheln, Schiebermützen im Wind wippen und Schläger mit hölzernen Schäften durch die Luft surren, dann ist klar: Hier wird kein gewöhnliches Golf gespielt. Hickory Golf heißt das Zauberwort – eine Zeitreise zurück in jene Ära, als Gentlemen noch Flachmänner in der Weste trugen und Ladies mit viktorianischen Hüten zum Tee erschienen. Was nach Agatha-Christie-Roman klingt, ist gelebte Leidenschaft.

Hickory Golf – Wie alles begann

Golf war einst pure Handarbeit. Bis in die 1920er Jahre hinein schwangen Spieler ihre Schläger aus Hickory-Holz (Anm.: eine nordamerikanische und chinesische Nussbaum-Art) – hart aber biegsam. Jeder Schlag ein Dialog mit dem Material, kein High-Tech, kein Titan, keine „verzeihenden“ Schlägerköpfe.

1929 erlaubte dann der Royal & Ancient Club in St. Andrews erstmals Stahlschäfte. Der Siegeszug der Industrie begann, und Hickory verschwand – fast. Denn eine kleine, feine Gemeinde von Nostalgikern hat sich den ursprünglichen Geist des Spiels zurückgeholt – mit Schlägern, die vor 1935 gefertigt wurden, und einer Garderobe, die jedem Kostümfilm Ehre machen würde.

Hickory Golf – das ist Old School im besten Sinne

Schauplatz Burgenland, im Reiters Golf & Country Club Bad Tatzmannsdorf. Der kleine Club Hickory Golf Burgenland (13 Mitglieder), gegründet 2016 von Gertraud Hofer und Giunto Schalkenberg, hält hier jeden Dienstag die Fahne der Tradition hoch – stilecht gekleidet und mit Vintage Equipment, anerkennend beäugt von Normalo-Golfern am Platz, denen dieser Anblick ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Schalkenberg, ein adeliger Künstler und Interior-Designer, liebt den ästhetischen Aspekt: „Schon der Anblick der handgefertigten Schläger ist ein Genuss – jedes Stück ein kleines Kunstwerk.“ Auch die Art des Spiels unterscheidet sich von heute. Man müsse langsamer, gleichmäßiger schwingen, sonst trifft man die Kugel nicht gut. „Enjoy the walk“ ist der Grundgedanke des Spiels. Das Erlebnis zählt, nicht die Scorecard. Der Dresscode? Stilvoll und geschichtsbewusst. Die Herren tragen Knickerbocker, Schiebermützen, Rautenstrümpfe und handgefertigte Lederschuhe. Die Damen schwingen im Stil der Goldenen Zwanziger. „Das ist gelebte Etikette, keine Verkleidung“, sagt der 70-Jährige. „Eine Haltung. Hickory ist Nonkonformismus mit Stil.“

Auch beim Hickory Golf Club Austria in Bad Ischl und Radstadt sind jeweils rund 20 Mitglieder vereint. Wie man sieht: die Szene ist äußerst überschaubar. Aber – sie ist sogar im Wachsen begriffen.

Denn auch nördlich der Alpen erlebt Hickory Golf eine zarte Renaissance. Die German Hickory Golf Society e.V. wurde 2013 gegründet. Etwa 150 Hickory Fans gäbe es, die regelmäßig der Tradition frönen. Die größte Gruppe sei in Köln mit etwa 50 Leuten aktiv, dazu kommen kleinere Clubs, etwa in Berlin, Oldenburg oder am Bodensee. Auch der Golfclub Konstanz richtet eigene Hickory Turniere aus. Auch in der Schweiz, Italien und Tschechien gibt es eine nennenswerte Szene.

Highlight im Oktober: World Hickory Open

Das große internationale Saisonfinale für alle Traditionalisten steigt vom 6. bis 9. Oktober bei der World Hickory Open im schottischen Aberdeen. Dort trifft sich die Crème de la Crème. Ein Turnier wie eine Zeitmaschine: stilvoll, sportlich, nostalgisch.

Zu den bisherigen Siegern zählen Größen wie Sandy Lyle (2014, 2016). Im Vorjahr triumphierte der Schweizer Roberto Francioni, der auch heuer wieder zu den Favoriten zählt – dicht gefolgt vom Deutschen Heinz Peter Thul, dem Vorjahreszweiten.

100 Jahre altes Golf-Equipment

Wer Hickory spielt, spielt Geschichte. Viele Schläger stammen aus Schottland, gefertigt vor vor 1935. Ihre Namen klingen wie aus einem alten Roman: Mashie, Spoon, Niblick. Nummern? Fehlanzeige. Restaurierte Originale kosten zwischen 120 und 150 Euro, moderne Replikate sind bei Puristen verpönt. Die Philosophie: Echtes Material, echter Schwung.

Klar, Hickory ist kein Power-Golf. Die Schläger sind kürzer, das Blatt kleiner, der Sweet Spot winzig. Doch wer ihn trifft, erlebt pures Glück. „Man muss geduldig spielen – das Holz verzeiht nichts, aber es belohnt Ehrlichkeit“, sagt Giunto Schalkenberg. Erfahrene Hickory-Golfer behaupten sogar: Wer mit Hickory besser wird, spielt auch mit modernen Schlägern präziser.

Hickory Golf – Eine (kleine) Szene mit Zukunft

Unser Tipp: Ausprobieren geht in Österreich neben dem Hickory Golf Burgenland Verein beispielsweise im Reiters Golf & Country Club. Fragen Sie beim Pro Johannes Jandresits nach einem Leihset. Auch beim Verein Hickory Radstadt (Ansprechpartner H.P. Bacher) und Hickory Bodensee sollte man behilflich sein können.

Hickory Golf bleibt eine Nische – aber eine mit Herz. Während auf den meisten Plätzen Carbon und Graphit dominieren, schwingen Hickory-Golfer ihre hundertjährigen Stöcke – entschleunigt, elegant, charmant altmodisch.

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