Mittwoch, Nov 20, 2024
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Moe Norman – der beste Golfer aller Zeiten?

Moe Norman das Genie, der Außenseiter, die Legende. Der exzentrische kanadische Golfer prägte den Golfschwung und seine Nachfahren im Spitzensport wie kaum ein anderer. Seine Geschichte ist bewegend und einzigartig.

Seine biomechanische Perfektion, sein extrem simpler, hoch funktionaler Golfschwung und seine eindrucksvolle exzentrische Persönlichkeit machen Moe Norman zu einem der außergewöhnlichsten Menschen der Golfgeschichte.

Der Golfschwung, den Moe Norman sich selbst beigebracht hat, wurde mit vielen Adjektiven benannt, von gruselig und sonderbar über merkwürdig und komisch bis genial. Jedenfalls war er einzigartig, effizient, exakt und maßlos akkurat. Der Schwung des kanadischen Ausnahmespielers prägte den Begriff „Single Plane“, also auf einer Schwungebene ausgeführt, lange bevor Golfer jüngerer Generationen wie Bryson DeChambeau dasselbe Prinzip aufnahmen. Bereits als Kind und Jugendlicher war Moe Norman ein Einzelgänger und Außenseiter, sein Job als Caddie des örtlichen Golfklubs in Kitchener, Ontario, brachte ihn zum Golf.

„Es gibt nur zwei Menschen, die ihren Schwung wirklich besitzen: Moe Norman und Ben Hogan“, meinte Tiger Woods einst, und höchstwahrscheinlich hat er damit recht.

Der extrem scheue und zurückgezogene Moe mied öffentliche Auftritte und sprach nicht gern vor Menschen, außer wenn er einen Golfschläger in der Hand hielt.

Lee Trevino fasste es auf den Punkt gebracht einst zusammen: „Wenn man über Moe Norman spricht, spricht man über eine Legende.“ Viele Weggefährten und Bewunderer sind einhellig der Meinung, dass die außergewöhnliche Persönlichkeit und physische Effizienz des Kanadiers auf das sogenannte Asperger Syndrom zurückzuführen ist, der allerdings nie offiziell diagnostiziert wurde. Moe Norman scheute seit frühester Kindheit Ärzte und ließ sich zeitlebens nicht einordnen.

Moe Norman & das Asperger Syndrom

Wenn man seine Art zu sprechen, seine extreme mathematische Begabung und sein fotografisches Gedächtnis bedenkt, seine Sehnsucht nach einem bekannten Umfeld mit Geborgenheit, die Angst vor Menschen und seine „Sturheit“ in den persönlichen Herangehensweisen und Ritualen, muss man sich eingestehen, dass der Gedanke keinesfalls abwegig erscheint. Die Strahlkraft seines golferischen Handelns bedarf eventuell im besten Fall dennoch keiner Einordnung.

Seine unkonventionelle Art, Golf zu spielen, sein exzentrisches Auftreten und sein Anspruch, er selbst sein zu dürfen, kosteten ihn eine noch größere Golfkarriere. Während Turnieren schlug er Drives von 15 Zentimeter langen Tees oder Cola-Flaschen, er spielte mitunter Pars 4 umgekehrt, schlug oft mit dem Wedge oder Eisen 9 ab und verwendete den Driver für die Annäherung ans Green, ohne deswegen über Par zu spielen. Während einer Runde mit Sam Snead versuchte er gleich gar nicht vorzulegen, nachdem das Wasserhindernis vor dem Green unüberwindbar war, sondern zielte die sichere Brücke an, von welcher der Ball auf das Green hoppelte.

Er puttete in einem Turnier, als er drei Schläge vorn lag, den Ball absichtlich am letzten Loch in den Bunker, um zu sehen, ob er dennoch das Loch gewinnen könnte. Und er beeindruckte Ben Hogan nachhaltig. Hogan, der seine Bälle mittels Draw oder Fade platzierte und einen geraden Schlag als Unfall betrachtete, meinte, nachdem Moe einen schnurgeraden Schlag nach dem anderen spielte: „Behalte diese Unfälle bei, Kleiner.“

Zwei Masters-Auftritte hatte Moe Norman, und er beendete seine diesbezügliche Karriere selbst. Am Vorabend traf er Sam Snead auf der Range, der ihm Tipps gab. Moe wollte den Ratschlag in seinen Schwung integrieren und schlug während der folgenden Nacht Hunderte von Bällen, bis er blutende Blasen an den Händen hatte. Am Folgetag bluteten seine Hände während des Turniers, und er musste aufgeben.

Während dieser konservativen, elitären Zeit, den ausklingenden 50er-Jahren, fand sich kein Platz für die Exzentrik und Außergewöhnlichkeit des Moe Norman.

Er puttete in einem Turnier, als er drei Schläge vorn lag, den Ball absichtlich am letzten Loch in den Bunker, um zu sehen, ob er dennoch das Loch gewinnen könnte.

Nach einer Zurechtweisung durch offizielle PGA-Organe und Tour-Mitglieder bei einem Event in New Orleans beendete er seine allzu kurze Karriere auf der amerikanischen PGA-Tour und kehrte nach Kanada zurück, wo er weiterhin Profiturniere bestritt.

Moe Norman: „Pipeline“ und „Machine“

Seine sagenhafte Genauigkeit im Schwung brachte ihm nicht nur die Spitznamen „Pipeline“ und „Machine“ ein, sondern sorgte, wo immer er Bälle schlug, für die größtmögliche Aufmerksamkeit und den höchsten Respekt unter den besten Golfern seiner Zeit. Während einer seiner Golf Clinics spielte er zum Beispiel 1500 Drives in etwas mehr als sieben Stunden, wovon alle im Umkreis von nicht mehr als 14 Metern liegen blieben. Diese Genialität brachte 1995 auch Titleist-CEO Wally Uihlein dazu, Moe Norman monatlich 5000 Dollar als Versorgung zu zahlen, einzig um seinen unschätzbaren Beitrag zum Golf zu honorieren. „Was muss ich dafür tun?“, fragte der Kanadier, und der Titleist-Manager meinte: „Das haben Sie bereits getan, Moe.“

Während der zweiten Hälfte der 50er-Jahre dominierte Moe Norman das kanadische Golfgeschehen nach Belieben. Wo immer er auftrat, gewann er nahezu jedes Turnier und sorgte gleichzeitig für Vergnügen und Entsetzen. Seine außergewöhnlichen Möglichkeiten, aber auch sein Auftritt, der ihn stets als Außenseiter brandmarkte, faszinierten die Golfwelt zu seinen aktiven Zeiten. Bis heute werden die Grundsätze seines Schwungs gelehrt und beeinflussen namhafte Pros und Golfer auf der ganzen Welt.

Moe Norman starb 2004 74-jährig in seiner Heimatstadt. Es wäre schön, wenn seine Freude am und seine Hingabe zum Golf möglichst viele Menschen infizieren könnten:

Golf is happiness,
It’s intoxication without the hangover
It’s stimulation without the pills
Its price is high
Yet, its rewards are richer
Some say it’s a boy’s pastime
Yet it builds men.
It cleans the mind
It rejuvenates the body
It’s these things and many more
For those of us
Who know it and love it
Golf is truly happiness.

Bücher zu Moe Norman

The Feeling of Greatness, The Moe Norman Story von Tim O’Connor,

Moe Norman: The Canadian Golfing Legend with the Perfect Swing von Stan Sauerwein,

Moe and Me. Encounters with Moe Norman, Golf’s Mysterious Genius von Lorne Rubinstein,

The Single Plane Golf Swing, Play Better Golf the Moe Norman Way von Todd Graves mit Tim O’Connor

The Legend of Moe Norman: The Man With the Perfect Swing von Andrew Podnieks, Kindle-Edition

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